- Nils Havemann
Grüne „Verbotspartei“? – Die Erlaubnispartei!

Die Grünen sind derzeit nicht zu beneiden. Seit sie in der Ampelkoalition auf Bundesebene mitregieren, sind ihre Repräsentanten nicht mehr die gesellschaftlichen Lieblinge, die von den Medien vergöttert und sogar bis weit in die „bürgerliche“ Mitte hinein für ministrabel gehalten wurden. Mittlerweile werden sie vielerorts zu Buhmännern, -frauen oder sonstigen Buhgeschlechtern gemacht. Angeblich tragen sie die Hauptverantwortung für die vielen Probleme in Deutschland. Wer die Leserkommentare in den Online-Zeitungen anklickt, stellt mit Erschrecken fest, dass sie teilweise sogar regelrechten Hass auf sich ziehen. Zu allem Überfluss hat nun auch noch der christdemokratische Ministerpräsident in Hessen, Boris Rhein, die Grünen aus der Koalition geworfen. Dabei haben sie doch mit der CDU dort viele Jahre lang nach eigener Überzeugung so erfolgreich zusammengearbeitet.
Gewiss sind die Grünen nicht ganz schuldlos an ihrer stark gesunkenen Popularität. Allein schon die Art, wie sie mit ihrem Heizungsgesetz die gesamte Republik über viele Monate hinweg in Atem gehalten und Millionen von Bundesbürgern verunsichert haben, rechtfertigt das Urteil, dass sie an ihrer momentanen Unbeliebtheit hart gearbeitet und sie entsprechend verdient haben. Aber im Grunde sind ihre fallenden Umfragewerte auch auf einen geradezu böswilligen Sprachgebrauch zurückzuführen: Die Grünen werden von ihren Gegnern als „Verbotspartei“ diffamiert.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Grünen nun selbst Opfer von Verleumdung mittels kreativer Wortschöpfungen geworden sind. Denn hinsichtlich ihrer sprachlichen Fähigkeiten werden selbst ihre größten Feinde ihre Bewunderung für sie nicht verhehlen können. Ihren großen Erfolg seit ihrer Gründung in den 1970er Jahren hat die Partei nicht zuletzt ihrem großen Talent zu verdanken, wohlklingende Begriffe zu besetzen und eingängige Slogans zu kreieren. Wer war in den 1980er Jahren, als viele einen Atomkrieg fürchteten, nicht für „Frieden“? Wer will unsere „Natur“ nicht erhalten? Wer ist gegenwärtig nicht für den „Klimaschutz“? Wer möchte widersprechen, dass wir „die Erde von unseren Kindern nur geborgt“ haben? Mit solchen Sprüchen konnte man den anderen Parteien den Willen absprechen, für Frieden, Klimaschutz oder die Zukunft unsere Kinder zu sein. Oft mussten Grüne in der öffentlichen Auseinandersetzung gar nicht erst den schwierigen Beweis dafür erbringen, dass ihre Ideen tatsächlich zu „Frieden“, „Klimaschutz“ und die Übergabe einer heilen Welt an unsere Kinder führen würden: Sie hatten ja die Begriffe gekapert.
Insofern mag es auf den ersten Blick nur gerecht sein, dass die Grünen in der Krise nun selbst mit einem Begriff zu kämpfen haben, der sie bei den nächsten Wahlen einige Prozentpunkte kosten könnte. Repräsentanten aus CDU, CSU und FDP sowie Teile der Presse behaupten, die „Verbotspartei“ wolle den Menschen in diesem Land alles rauben, was das Leben ein wenig einfacher, erträglicher oder vergnüglicher macht: Öl- und Gasheizungen, Benziner, Kreuzfahrten, Einfamilienhäuser, ja selbst das tägliche Stück Fleisch stehen zur Disposition.
Die Grünen können sich aus der Defensive, in die sie durch diesen wenig schmeichelhaften Begriff geraten sind, nur befreien, wenn sie sich auf ihre ursprüngliche Stärke besinnen. Sie müssen durch Sprache ein Bewusstsein dafür schaffen, dass nur sie die Guten sind. Sie müssen verdeutlichen, das Gegenteil von dem zu sein, was die übelmeinende Konkurrenz ihr anzudichten versucht: Sie sind die „Erlaubnispartei“! Denn Grüne möchten erlauben, was andere verbieten wollen: die unbegrenzte Aufnahme neuer Staatsschulden, offene Grenzen für alle, Duldung abgelehnter Asylbewerber, Enteignung von Immobilienbesitzern, Konsum von Cannabis, vollständige Legalisierung der Tötung ungeborener Kinder und noch vieles mehr.
Deshalb sollte sich gegenwärtig niemand von solchen Kampfbegriffen wie „Verbotspartei“ aufhetzen lassen. Vielmehr sollte jeder für sich selbst entscheiden, ob er all das, was Grüne erlauben wollen, mit seinem Gewissen vereinbaren kann – gerade mit Blick auf die von der Partei so oft beschworene „Zukunft unserer Kinder“.